High-Pivot-Bikes sind im Moment stark gehypt. Deviate setzt allerdings schon lange auf Bikes mit hohem Drehpunkt und ausschließlich auf dieses Hinterbau-Design. Mit dem Claymore haben die Schotten nun auch ein waschechtes Enduro-Bike im Programm. Kann es dem Hype gerecht werden?

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Enduro-Bike 2023 – 14 Modelle im Test

Deviate Claymore | 170/165 mm (v/h) | 29″
16,4 kg in Größe L | 9.000 € | Hersteller-Website

Deviate ist eine kleine Marke aus Schottland, die sich auf High-Pivot-Bikes spezialisiert hat. Das sind MTBs, bei denen der Drehpunkt des Hinterbaus höher liegt als bei herkömmlichen Bikes. Dadurch bewegt sich das Hinterrad beim Einfedern nicht nur nach oben, sondern auch nach hinten. Das soll dazu führen, dass das Bike Hindernisse auf dem Trail einfacher überrollt. Das Claymore ist dabei die neueste Addition zum Line-up und bietet 170 mm Federweg an der Front und 165 mm am Heck. Es ist vorerst nur als Rahmenset erhältlich und kostet 3.570 € ohne Dämpfer. Auf der Website gibt es aber ein „Send to Dealer“-Konzept. Das bedeutet, dass man die Anbauteile, die von den Maßen passen und die der Hersteller als sinnvoll für das Bike erachtet, in einer Art Konfigurator auswählen kann. In der von uns getesteten Ausstattung wiegt das Bike 16,4 kg.

Das Deviate Claymore 2022 im Detail

Als einziges Bike im Test hat das Claymore Brems- und Schaltzug außen am Rahmen verlegt. Sie laufen in einer kleinen Vertiefung im Oberrohr, was dem Rahmen dennoch einen cleanen Look verleiht. Die Schrauben, die die Züge hier klemmen, dienen gleichzeitig als Toolmounts. Deviate beweist damit eindeutig, dass außen verlegte Kabel nicht automatisch unaufgeräumt aussehen müssen. Der Zug des Droppers verläuft dagegen durch den Rahmen, ist aber beim Eingang nicht ausreichend geklemmt und verursacht nerviges Klappern. Im Serien-Bike soll dieses Problem allerdings behoben sein. Ein schickes Detail stellt die Umlenkrolle für die Kette dar, sie wird von einer eleganten Konstruktion gehalten. Der Rahmen ist mit einem massiven, geschraubten Unterrohrschutz sowie einem Sitzstrebenschutz geschützt. Dieser ist jedoch sehr schmal und der Lack an der Sitzstrebe leidet erheblich. Etwas Slapper-Tape kann hier Abhilfe schaffen.

Harte Arbeit
Durch den weichen Hinterbau des Claymore ist es schwierig, Schwung durch Pushen über Roller zu generieren.

Die Ausstattung des Deviate Claymore 2022

An unserem Test-Bike hat das Deviate Claymore eine Öhlins RXF 38 m.2-Gabel verbaut. Diese benötigt durch ihre Drei-Kammer-Luftfeder zwar etwas länger zum Einstellen, dafür kann sie mit top Performance und stufenloser, individueller Anpassung der Endprogression über die Ramp-Kammer punkten. Kombiniert ist sie mit dem Öhlins TTX 22 M-Stahlfederdämpfer und das Claymore ist somit eins von drei Coil-Bikes im Test. Die OneUp Dropper Post V2 überzeugt mit einer sehr ergonomischen Remote und liefert massige 210 mm Hub. Bremsen und Schaltung kommen von Shimano: Die XT 12-fach-Schaltung und die XT-Bremsen mit 200-mm-Scheiben an Front und Heck bringen gewohnt gute Leistung. Befestigt sind sie an einem OneUp Carbon-Lenker mit 800 mm Breite. Die Laufräder sind ein Custom-Aufbau, der aus DT Swiss EX 511-Felgen und Industry Nine Hydra-Naben besteht. Darauf sind Reifen von MAXXIS gezogen: vorne ein ASSEGAI mit EXO+ Karkasse und hinten ein High Roller II mit Doubledown-Karkasse. Beide sind 2,5” breit und aus der harten MaxxTerra-Gummimischung. An der Front würden wir uns hier einen Reifen in der weicheren MaxxGrip-Mischung wünschen, um mehr Grip am Vorderrad zu bekommen. Zusätzlich sind vorne und hinten CushCore-Inserts eingebaut. Das ist prinzipiell gut und damit ist die Felge gut geschützt, allerdings würden wir erst die Karkassen upgraden, bevor wir Inserts verbauen.

Safety first
Um den schicken, grünen Lack zu schützen, ist am Unterrohr ein massiver Schutz angeschraubt. Top!
Form und Funktion
Das Claymore hat als einziges Bike im Test Brems- und Schaltzug außen am Rahmen verlegt. Mit dem Kanal im Oberrohr sieht es dennoch schick aus.
Augenschmaus
Die Umlenkrolle des High-Pivot-Hinterbaus ist elegant in den Rahmen integriert.
Zwei Wege, ein Ziel
Durch CushCore an Front und Heck kann man einen geringeren Druck fahren. Wir würden allerdings zuerst die Karkasse upgraden, bevor wir Inserts verbauen.
Dünn und schmal
Der Sitzstrebenschutz ist dünn und schützt die Strebe nicht ausreichend. Etwas Slapper-Tape sollte hier helfen.

Deviate Claymore

9.000 €

Specifications

Fork Öhlins RXF 38 m.2 170 mm
Rear Shock Öhlins TTX 22 M Coil 165 mm
Seatpost OneUp Dropper Post V2 210 mm
Brakes Shimano XT 200/200 mm
Drivetrain Shimano XT 1x12
Stem OneUp 45 mm
Handlebar OneUp Carbon 800 mm
Wheelset DT Swiss EX 511, Industry Nine Hydra 29"
Tires MAXXIS ASSEGAI, EXO+, 3C MaxxTerra, Cushcore/MAXXIS High Roller II, Doubledown, 3C MaxxTerra, Cushcore 2,5/2,5

Technical Data

Size M L XL
Weight 16,4 kg

Specific Features

Online-Konfigurator
Toolmount

Die Geometrie des Deviate Claymore 2022

Das Deviate Claymore wird in drei Größen von M bis XL angeboten und soll so Größen von 170 cm bis 198 cm abdecken. Das Sitzrohr ist mit einer Länge von 430 mm bei einem Reach von 490 mm angenehm kurz und ermöglicht so zusammen mit der voll versenkbaren Dropperpost viel Bewegungsfreiheit bei der Abfahrt. Die Kettenstreben liegen bei allen Größen mit 441 mm auf dem Durchschnitt des Tests und auch Sitz- und Lenkwinkel sind mit 78° bzw. 64,3° auf einem Wert, der für moderne Enduro-Bikes üblich ist. Auf einen Flip-Chip oder sonstige Möglichkeiten, die Geometrie ändern zu können, wurde verzichtet.

High-Pivot-Hype? Deviate glaubt fest an den hohen Drehpunkt und schickt mit dem Claymore eins der drei High-Pivot-Bikes in den Test.

Größe M L XL
Sattelrohr 410 mm 430 mm 450 mm
Steuerrohr 92 mm 108 mm 114 mm
Lenkwinkel 64,3° 64,3° 64,3°
Sitzwinkel 78° 78° 78°
Kettenstrebe 441 mm 441 mm 441 mm
BB Drop 30 mm 30 mm 30 mm
Radstand 1.233 mm 1.268 mm 1.303 mm
Reach 460 mm 490 mm 520 mm
Stack 620 mm 630 mm 640 mm
Helm Bluegrass Legit Carbon | Goggle POC Ora | Shirt WORCA | Hose Rapha Trail Lightweight Pants | Schuhe Five Ten Freerider

Das Deviate Claymore 2022 auf dem Trail

Das Deviate Claymore bietet eine gemütliche Sitzposition, die angenehm zentral ist. Das Bike tritt sich solide, wippt allerdings etwas mit. Dadurch fühlt es sich etwas weniger effizient an als das Hope. Dem trägen Norco fährt es aber bergauf dennoch davon. Bei langen Climbs auf Schotterstraßen würden wir zum Climb Switch des Öhlins TTX 22 M-Stahlfederdämpfers greifen, um das Heck etwas zu beruhigen. Dann bringt euch das Claymore komfortabel zum Gipfel, bei technischen Passagen fehlt es dem Hinterbau so aber an Traktion.

Auf dem Trail ist das Claymore wendig und präzise und erwacht unter einem aktiven Piloten erst so richtig zum Leben.

Wie ein Skalpell
Das Handling des Deviate ist präzise und wendig. Unter einem aktiven Fahrer erwacht es erst richtig zum Leben.

Vergleicht man die Downhill-Performance der drei High-Pivot-Bikes im Test, reiht sich das Claymore in der Mitte ein: Das Norco klebt förmlich am Boden und ist das traktionsstärkste der drei. Einen guten Mix aus Traktion und Gegenhalt bietet das Deviate, liegt aber insgesamt eher satt. Das Hope ist das straffste Bike unter den drei Kandidaten und mit ihm kann man am besten Schwung auf Rollern oder in Anliegern generieren. Sowohl beim Hope als auch beim Deviate ist – im Gegensatz zu Norco – das High-Pivot-Gefühl nicht so stark ausgeprägt. Das heißt, dass man die Längung des Bikes beim Einfedern kaum wahrnimmt und man deshalb weniger Unterschied zu herkömmlichen Hinterbau-Layouts spürt. Das Claymore lässt sich präzise und wendig bewegen. So kann man das Heck ohne großen Aufwand in Anlieger schnalzen lassen und das Bike lässt sich genau auf technischen Lines manövrieren. Vor allem auf natürlichen Enduro- oder Singletrails erwacht es zum Leben. Allerdings verzeiht das Bike kaum Fahrfehler und damit man nicht zum Passagier auf dem Deviate wird, ist ein aktiver, wachsamer Fahrstil nötig.

Tuning-Tipp: Dropper Leitung am Eingang klemmen | Slapper-Tape auf die Sitzstrebe

Riding Characteristics

12

Uphill

1
  1. sluggish
  2. efficient

Agility

2
  1. cumbersome
  2. playful

Stability

3
  1. nervous
  2. confident

Handling

4
  1. demanding
  2. balanced

Suspension

5
  1. harsh
  2. plush

Fun Factor

6
  1. planted
  2. poppy

Value for money

7
  1. terrible
  2. very good

Intended Use

XC

8

Trail

9

Enduro

10

Downhill

11

Fazit

Das Claymore ist das Enduro-Bike der schottischen High-Pivot-Verfechter von Deviate. Es ist nur als Rahmenset erhältlich und benötigt so einen Custom-Aufbau oder einen Aufbau über das Send-to-Dealer-Konzept. Es zeigt einen auffälligen, schicken Rahmen, der viele schöne Details aufweist und durch seine Seltenheit auf dem Trail einige Blicke auf sich zieht. Das Claymore ist ein Enduro-Bike für Kenner, das sich präzise und wendig fährt und unter einem erfahrenen, aktiven Piloten zum Leben erwacht.

Tops

  • auffällig und selten
  • gut ausgereifter High-Pivot-Rahmen
  • präzise und wendig

Flops

  • Dropper-Leitung klappert
  • benötigt erfahrenen Piloten

Mehr Informationen findet ihr unter deviatecycles.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Enduro-Bike 2023 – 14 Modelle im Test

Alle Bikes im Test: Canyon Strive CFR 8 (Zum Test) | Deviate Claymore | Hope HB916 (Zum Test) | Intense Tracer 279 S (Zum Test) | MERIDA ONE-SIXTY 8000 (Zum Test) | Mondraker Carbon Foxy RR (Zum Test) | Norco Range C1 (Zum Test) | Santa Cruz Megatower X01 AXS RSV (Zum Test) | Santa Cruz Nomad X01 AXS RSV (Zum Test) | SIMPLON Rapcon 170/165 (Zum Test) | SIMPLON Rapcon Pmax TQ 170/165 (Zum Test) | Specialized Stumpjumper EVO Elite Alloy (Zum Test) | Yeti 160E T1 (Zum Test) | Yeti SB160 T3 (Zum Test)


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Text: Simon Kohler Fotos: Peter Walker, Mike Hunger

Über den Autor

Simon Kohler

Simon liebt Geschwindigkeit. Als Downhill Skater ist er lange Zeit Rennen gefahren und mit seinem Longboard Alpenpässe runtergeknallt. Inzwischen hat er vier gegen zwei Reifen eingetauscht und heizt jetzt mit seinem Mountainbike auf Trails und Bikepark Lines. Bei verschiedensten Roadtrips durch die Alpen hat er seither einige der feinsten Trails Europas ausgekostet. Da er einige Zeit in Österreich gelebt hat, kennt er zudem die lokalen Bikeparks wie seine Westentasche. Durch sein Ingenieurstudium und seine Liebe zum Detail ist er ein echter Technik-Nerd und testet jetzt als Redakteur die aktuellsten Bikes und Parts auf Herz und Nieren. Als Frühaufsteher und selbsterklärter Müsli-Connaisseur lebt er sein Leben frei nach dem Motto „Powered by Oats. And also Legs.“