Braucht es überhaupt ein Fully für maximalen Fahrspaß? Canyon möchte mit seinem progressiven Stoic-Hardtail einen günstigen Einstieg in den Mountainbike-Sport ermöglichen. Das 1.699 € teure Stoic 4 rollt auf 29”-Reifen, besitzt einen Aluminium-Rahmen und hat 140 mm Federweg an der Front. Ob das Canyon eine sinnvolle, günstige Alternative zu einem Fully oder sogar eine empfehlenswerte Trail-Rakete ist, haben wir für euch herausgefunden!

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Mountainbike 2021 – 22 Modelle im Test

Canyon Stoic 4 | 140/0 mm (v/h)
13,76 kg in Größe L | 1.699 € | Hersteller-Website

Auf der Suche nach dem besten Mountainbike 2021 darf natürlich auch das von euch am heißesten diskutierte Hardtail des Jahres nicht fehlen: das Canyon Stoic. Es kommt in einem eher schlichten Grün und bietet 140 mm Federweg an der Front, gepaart mit 29”-Laufrädern. Das Hardtail der Koblenzer soll einen günstigen Einstieg ins Mountainbiken ermöglichen und für Touren und Trails genauso geeignet sein wie für den Pumptrack und Dirtjumps.
Für das vergleichsweise kleine Preisschild mit 1.699 € muss man aber auch Abstriche bei der Verarbeitungsqualität des Aluminium-Rahmens machen, die mit minderwertigen Schweißnähten unserer Meinung nach dem Preis nicht gerecht wird. Die Bremsleitung ist außen am Rahmen verlegt und durch Kabelbinder fixiert. Die restlichen Leitungen für Schaltung und Sattelstütze verlaufen intern und werden frühzeitig im Bereich des Lenkkopfs aus dem Rahmen geleitet. Sie verursachen so einen ungewohnten Bogen zum Cockpit und trotz der internen Fixierung mit einem Kabelbinder klappern die Leitungen sehr laut, wenn sie gegen den Rahmen schlagen. Canyon verbaut am Stoic 4 leider keinen Kettenstrebenschutz, sondern lediglich etwas Lackschutzfolie, und so ist das laute Kettenschlagen ständiger Begleiter auf dem Trail. Hier solltet ihr noch vor der ersten Fahrt Slapper-Tape anbringen!

Die Ausstattung unseres Canyon Stoic 4

Das Stoic 4 ist das Topmodell der Stoic-Modellreihe, die bei 899 € beginnt und bei 1.699 € endet, und bringt es auf ein Gewicht von 13,8 kg. An der Front des Stoic 4 ist eine RockShox Pike Select RC mit 140 mm verbaut, die lediglich eine Zugstufen- und Druckstufen-Einstellung besitzt und im Vergleich mit den Select+ und Ultimate-Modellen harsch ist. Gebremst wird mit einer SRAM Guide T, die mit einer 200-mm-Bremsscheibe an der Front und einer kleinen 180-mm-Scheibe am Heck kombiniert ist. Für den Einsatz auf längeren Abfahrten ist die Guide T an sich nicht geeignet, da sie schnell überhitzt und als Folge der Druckpunkt wandert und die Bremskraft stark nachlässt. Gangwechsel erledigt ein 12-fach SRAM NX-Schaltwerk mit NX-Hebel, das mit einer günstigeren, aber auch schwereren 11–50Z SX-Kassette gepaart ist. Die Schwalbe-Reifenkombination mit Magic Mary in Front und Hans Dampf am Heck, in der robusten Super Trail-Karkasse, ist eigentlich klasse, kann ihr volles Potenzial am Stoic aber nicht entfalten. Schuld daran sind die Alexrims DP30-Felgen, die in der Praxis nicht tubeless-fähig sind. Uns sind die Reifen auf dem Trail mehrmals von der Felge gesprungen: No-Go! Canyon hat das Problem bereits erkannt und wird das Stoic 4 ab August 2021 mit einem hochwertigen DT-Swiss Alu-Laufradsatz ausstatten. Obwohl sich der Preis dann um ca. 100 € erhöht, wird das Bike beim Preis-Leistungs-Verhältnis ab August deutlich besser abschneiden. Bei der Sattelstütze setzt Canyon auf ihre ausreichend lange und hauseigene Iridium-Stütze mit 170-mm-Hub (Größe L). Der Hebel der Dropper benötigt jedoch sehr hohe Bedienkräfte. Der Rest des Cockpits besteht aus dem hauseigenen Canyon G5 Lenker mit 780 mm Breite (Größe L) und dem dazugehörigen Vorbau. Die Breite des Cockpits passt Canyon an die Größe des Rahmens und somit des Fahrers an. So gibt es Lenker mit einer Breite von 740 mm, 760 mm und 780 mm.

Was guckst du?
Hier gibts nix zu sehen :) Ja, hier „fehlt“ der Dämpfer, aber dafür gibt es ungefilterte Power, wenn man mal richtig reintritt.
Unsauber …
… ist die Verarbeitung des Aluminium-Rahmens mit schlechten Schweißnähten.
Hier kann man sich was abschauen
Bei den Reifen macht das Stoic alles richtig und so manch ein Bike im Test kann sich hier etwas abschauen.

Canyon Stoic 4

1.699 €

Specifications

Fork RockShox Pike Select 140 mm
Seatpost Iridium Dropper 170 mm
Brakes SRAM Guide T 200/180 mm
Drivetrain SRAM NX Eagle 1x12
Stem Canyon G5 40 mm
Handlebar Canyon G5 Riser 780 mm
Wheelset Alexrims DP30/KT M5er 29"
Tires Schwalbe Magic Mary/Hans Dampf Evo Super Trail 2,35

Technical Data

Size 2XS XS S M L XL
Weight 13,76 kg


Feuerstuhl
Die SRAM Guide T-Bremse überhitzt schnell und liefert wenig Bremspower. Damit ist sie die schlechteste Bremse im Test.
Festhalten, die Fahrt beginnt!
Die RockShox Pike RC ist im Vergleich zu ihren teureren Modellen harsch und gibt Unebenheiten spürbar an den Fahrer weiter.
Einen großen Bogen …
… machen die Leitungen von Sattelstütze und Schaltung und sorgen so für eine gewöhnungsbedürftige Optik.

Die Geometrie des Canyon Stoic 4 im Detail

Canyon bietet bei ihren Stoic-Modellen sechs verschiedene Rahmengrößen von XXS–XL an und verspricht so ein passendes Rad für Fahrer von 158 cm bis 192 cm Körpergröße. Die Modelle der Größen XXS–S kommen mit 27,5”-Laufrädern und die restlichen von M–XL mit 29”. Vor allem über die Kettenstrebenlänge und Tretlagerabsenkung ist die Geometrie der Rahmen entsprechend an die jeweilige Laufradgröße angepasst. Die Kettenstrebenlänge beträgt bei allen 27,5”-Bikes 418 mm, bei den Modellen mit 29” liegt sie bei 428 mm. Im Vergleich zu Fullys sind die Kettenstreben, egal bei welcher Laufradgröße, sehr kurz. Das ermöglicht ein agiles und wendiges Fahrverhalten auf dem Trail. Der Reach beträgt bei unserem Testrad in Größe L 480 mm und wird mit einer hohen Front (635 mm Stack) kombiniert.

Größe 2XS XS S M L XL
Sattelrohr 365 mm 365 mm 400 mm 430 mm 460 mm 500 mm
Oberrohr 539 mm 564 mm 591 mm 623 mm 650 mm 678 mm
Steuerrohr 90 mm 90 mm 100 mm 90 mm 100 mm 110 mm
Lenkwinkel 65,0° 65,0° 65,0° 65,0° 65,0° 65,0°
Sitzwinkel 75,0° 75,0° 75,0° 75,0° 75,0° 75,0°
Kettenstrebe 418 mm 418 mm 418 mm 428 mm 428 mm 428 mm
BB Drop 45 mm 45 mm 45 mm 60 mm 60 mm 60 mm
Radstand 1.104 mm 1.129 mm 1.158 mm 1.193 mm 1.222 mm 1.252 mm
Reach 380 mm 405 mm 430 mm 455 mm 480 mm 505 mm
Stack 592 mm 592 mm 601 mm 626 mm 635 mm 644 mm
Helm POC Kortal Race MIPS | Brille POC Aim | Rucksack USWE Patriot 15 | Shirt Monserat J02
Shorts 100% Airmatic Shorts | Knieschoner Chromag Rift | Schuhe Giro Chamber II
Socken Stance Supercrew Comp Nano | Uhr Wahoo ELEMNT RIVAL

So verhält sich das Hardtail auf dem Trail

Bergauf überzeugt das Canyon Stoic 4 mit einer angenehmen Sitzposition. Die Lastverteilung ist gelungen, Hände und Gesäß sind gleichermaßen belastet. Das Stoic gibt sich direkt und vortriebsstark, und achtet man aufmerksam auf seine Linienwahl, dann gehört es zu den besseren Kletterern im Test. Man sollte glatte Wurzeln und gröbere Hindernisse umfahren, da das Hinterrad diese nicht glattbügelt und keine Möglichkeit bietet, Schläge auf das Heck auszugleichen. Im Unterschied zu Fullys bleibt die Geometrie eines Hardtails bergauf weitestgehend konstant: Das Bike versinkt nicht im Federweg am Heck und so lässt sich das Stoic auch auf steilen Anstiegen einfach kontrollieren und die Front hebt sich nicht ungewollt. Damit kann es auf Forststraßen und flowigen Uphills am Trek Top Fuel und Yeti SB115 dranbleiben. Auf unebenem Untergrund müssen aber durch den fehlenden Ausgleich von Schlägen und die dann ausbleibende Traktion große Einbußen in Kauf genommen werden.

Viel Fahrspaß für kleines Geld ist der Auftrag des Canyon Stoic. Doch mit schlechter Rahmenqualität und fragwürdiger Ausstattung mit sicherheitsrelevanten Fails kann es das nicht umsetzen.

Tuning-Tipps: stärkere und standfestere Bremsen verbauen | Laufradsatz austauschen

Im Downhill setzt das Stoic durch seine frontlastige Fahrposition Lenkimpulse sehr direkt um und glänzt hier mit großer Präzision. Es lässt sich auf glatten, gebauten Flowtrails intuitiv sowie berechenbar steuern und geht willig in die Luft. Werden die Trails jedoch ruppiger, bremst die unsensible Gabel den Fahrspaß. Vibrationen und Schläge vom gesamten Rad werden nicht nur am Heck direkt an den Fahrer weitergeleitet. Schon die kleinste seitliche Krafteinwirkung versetzt das Stoic stark. Das führt nicht nur zur schnellen Ermüdung der Arme, sondern sorgt auch für fehlende Traktion in Kurven und beim Anbremsen. So ist man besonders bei technischen Trails vorsichtiger unterwegs als mit vielen Fullys, da man durchgängig die vom Rad weitergegebenen Schläge und Vibrationen ausgleichen muss.

Riding Characteristics

12

Uphill

1
  1. sluggish
  2. efficient

Agility

2
  1. cumbersome
  2. playful

Stability

3
  1. nervous
  2. confident

Handling

4
  1. demanding
  2. balanced

Suspension

5
  1. harsh
  2. plush

Fun Factor

6
  1. planted
  2. poppy

Value for money

7
  1. terrible
  2. very good

Intended Use

XC

8

Trail

9

Enduro

10

Downhill

11

Fazit

Das Canyon Stoic 4 Hardtail soll den günstigen Einstieg in die Mountainbike-Trails dieser Welt ermöglichen, verfehlt dieses Ziel aber. Es ist zwar das günstigste Bike in unserem Vergleichstest und macht auf einfachen Uphills sowie gebauten Flowtrails Spaß, jedoch wird es auf Singletrails durch die schlechte Brems-Performance und den Laufradsatz gefährlich. Dazu kommt die geringe Verarbeitungsqualität des Rahmens. Das Stoic 4 ist das Topmodell der Stoic-Reihe, hat aber einige sicherheitsrelevante Ausstattungs-Fails, die den Einsatzbereich und den Fahrspaß deutlich schmälern. Trotz des niedrigen Preises liefert das Stoic 4 deshalb ein schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis!

Tops

  • komfortable Sitzposition
  • guter Kletterer auf einfachen Trails
  • sehr präzise und direkt

Flops

  • Verarbeitungsqualität
  • kritische Ausstattung, v. a. Laufräder und Bremsen
  • trotz geringem Preis schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis

Mehr Informationen findet ihr unter canyon.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Mountainbike 2021 – 22 Modelle im Test

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Text: Peter Walker Fotos: Diverse

Über den Autor

Peter Walker

Peter ist nicht nur ein Mann der Worte, sondern auch der Taten. Mit ernsthaften Bike- und Schrauber-Skills, seiner Motocross-Historie, diversen EWS-Teilnahmen und über 150 Bikepark-Tagen in Whistler – ja, der Neid der meisten Biker auf diesem Planeten ist ihm gewiss – ist für Peter kein Bike zu kompliziert und kein Trail zu steil. Gravel und Rennrad kann er übrigens auch! Das für unsere redaktionelle Arbeit wichtige Thema Kaufberatung hat Peter in Vancouvers ältestem Bike-Shop von der Pike auf gelernt und setzt sein Know-how auch im journalistischen Alltag um. Wenn er nicht gerade die Stuttgarter Hometrails auf neuen Test-Bikes unsicher macht, genießt er das Vanlife mit seinem selbst ausgebauten VW T5. Dass er dazu noch ausgebildeter Notfallsanitäter ist, beruhigt seine Kollegen bei riskanten Fahrmanövern. Zum Glück mussten wir Peter bislang nie bei seinem Spitznamen „Sani-Peter“ rufen. Wir klopfen auf Holz, dass es dazu auch nie kommen wird!